Mit unserem quartalsweisen Umsatzsteuer Update informieren wir Sie kompakt über die wichtigsten Neuerungen aus den Bereichen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung im Bereich des Umsatzsteuerrechts.
Europäische Union
- Das MWSt-Reformpaket „VAT in the Digital Age“ (ViDA) wurde am 25.3.2025 im Amtsblatt der EU kundgemacht. ViDA wird vorrangig in den Jahren 2028 bis 2030 grundlegende Änderungen im Mehrwertsteuerrecht bringen, u.a. die verpflichtende Einführung strukturierter elektronischer Rechnungen. Sämtliche Änderungen im Detail haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Innerstaatliche Gesetzgebung
- Durch das BSMG 2025 wird die Umsatzsteuerbefreiung für PV-Anlagen per 1.4.2025 abgeschafft. Maßgeblich ist der Tag der Lieferung. Eine Übergangsregelung gilt für vor dem 7.3.2025 bestellte PV-Anlagen: Deren Lieferung und Installation bleibt steuerbefreit, sofern die Fertigstellung bis Jahresende 2025 erfolgt. Soweit PV-Anlagen (wieder) der 20%-igen USt unterliegen, sollten Betreiber:innen die Möglichkeit eines VSt-Abzugs prüfen: Dieser steht grundsätzlich zu, wenn mehr als 50% des produzierten Stroms verkauft (d.h. in das Netz eingespeist) werden. Für den privat verwendeten Strom ist bei Geltendmachung des VSt-Abzugs jedoch eine Eigenverbrauchsbesteuerung vorzunehmen.
Regierungsprogramm
Im Regierungsprogramm 2025-2029 werden folgende steuerliche Maßnahmen mit Umsatzsteuerbezug angekündigt:- Abschaffung des Vorsteuerabzugs für Luxusimmobilien
- Ausweitung des Reverse Charge Systems im Rahmen der Umsatzsteuer auf Grundstücke
- Umsatzsteuerbefreiung für Frauenhygieneartikel und Verhütungsmittel sowie verwandte Produkte ab 2026
- Novellierung des Umsatzsteuergesetzes für den Kunstbetrieb und Kunstverkäufe
- Prüfung der umsatzsteuerrechtlichen Regelungen bei der Zwischennutzung von Gebäuden durch gemeinnützige Kunst- und Kulturvereine
- Anhebung der Luxustangente für Pkw auf EUR 55.000 brutto ab 2027 und zu einem späteren Zeitpunkt – unter Budgetvorbehalt – auf bis zu EUR 65.000 brutto. Umsatzsteuerlich ist dies relevant für die VSt-Abzugsgrenzen bei E-Autos.
- Abschaffung der Belegerteilungspflicht bis EUR 35; generell digitaler Beleg als Alternative
Finanzverwaltung
- Der Umsatzsteuer-Richtlinien-Wartungserlass 2024 ist kurz vor Weihnachten 2024 veröffentlicht worden. Die wichtigsten Änderungen haben wir hier für Sie zusammengefasst.
- Das BMF veröffentlicht regelmäßig Fachinformationen zu USt-Fragen. Zuletzt wurden insbesondere folgende Themen behandelt:
- Der Verkauf von Treibhausgas(THG)-Quoten durch Nutzer:inenn von Elektroautos ist bei Privatpersonen nicht steuerbar. Beim Verkauf von THG-Quoten durch Unternehmer:innen liegt eine steuerbare sonstige Leistung vor; es kommt jedoch – auch im Inland – zum Übergang der Steuerschuld auf den:die Leistungsempfänger:in (Reverse Charge für Elektrizitätszertifikate).
- Angaben von Beträgen in der Zusammenfassenden Meldung können nur ganzzahlig erfolgen. Komma-Beträge sind immer auf volle Euro abzurunden (keine kaufmännische Rundung).
- EU-Vorsteuererstattungsverfahren für österreichische Organgesellschaften: Jede Organgesellschaft muss über FinanzOnline gesonderte VSt-Erstattungsanträge für ihre ausländischen Vorsteuern stellen, da die Wirkungen der Organschaft auf das Inland beschränkt sind.
Rechtsprechung des VwGH
- Bei der vorzeitigen Auflösung eines Ratenkaufvertrages hat der:die leistende Unternehmer:in seine:ihre USt-Schuld und der:die Leistungsempfänger:in seinen:ihren VSt-Abzug auf die Höhe des tatsächlich vereinbarten Entgelts anzupassen. Es findet keine Rücklieferung statt. Auch eine Neuausstellung von Rechnungen ist nicht erforderlich (VwGH 26.11.2024, Ro 2022/15/0030).
- Bei gemischt genutzten Immobilien (unternehmerisch/privat bzw. unternehmerisch/hoheitlich) besteht nur im Ausmaß der unternehmerischen Nutzung ein Recht auf Vorsteuerabzug. Maßgeblich für die Höhe des VSt-Abzugs sind die tatsächlichen Verhältnisse im Jahr der Anschaffung (und nicht die erwartete spätere Verteilung der Nutzung). In den 19 Folgejahren sind bei Nutzungsänderungen positive bzw. negative VSt-Berichtigungen vorzunehmen. Leerstandstage gelten dabei zur Gänze als unternehmerische Nutzung (VwGH 26.11.2024, Ro 2023/15/0011; Zorn, RdW 2015, 137).
- Für die Frage, ob der VSt-Abzug wegen Wissen bzw. Wissen-Müssen von Umsatzsteuerbetrug versagt werden kann, ist auf die Verhältnisse in der tatsächlichen (und nicht in der fingierten) Lieferkette abzustellen. Gibt es in der tatsächlichen Lieferkette keinen USt-Betrug, so kann auch der VSt-Abzug aus einem (tatsächlichen) ig Erwerb – entgegen der Ansicht des BFG – nicht versagt werden (VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0008).
- Die Mitwirkung an Umsatzsteuerbetrug in Drittstaaten führt nicht zur Versagung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen (VwGH 22.1.2025, Ra 2024/13/0109).
Rechtsprechung des BFG
- Die Privatnutzung von Firmen-Pkw durch Mitarbeiter:innen stellt i.d.R. einen tauschähnlichen Umsatz dar. Dieser ist dort steuerpflichtig, wo der:die Mitarbeiter:in ansässig ist.
- Die Überlassung eines Pkws mit VSt-Abzugsberechtigung im Ausland an eine:n österreichische:n Mitarbeiter:in unterliegt daher laufend der österreichischen USt (BFG 26.8.2024, RV/2100440/2023; Revision anhängig).
- Die Überlassung eines inländischen Pkws ohne VSt-Abzugsberechtigung an österreichische Mitarbeiter:innen ist sowohl nach Ansicht der UStR (Rz 1931) als auch des BFG (10.1.2025, RV/2100765/2024) nicht steuerpflichtig. Allerdings scheint die FinVw diese Ansicht zunehmend zu hinterfragen, da sie Amtsrevision an den VwGH erhoben hat. Das Urteil des VwGH bleibt abzuwarten.
- Hinweis: Die Privatnutzung von E-Autos durch Mitarbeiter:innen ist nach Ansicht des BMF trotz Vorsteuerabzugsberechtigung nicht USt-pflichtig.
- Wirksames „Brechen“ eines Reihengeschäfts, wenn Ware (Ferkel) in Österreich abgeladen und einer behördlich erforderlichen tierärztlichen Untersuchung unterzogen wird, bevor der Weitertransport in einen anderen EU-Mitgliedstaat erfolgt (BFG 4.12.2024, RV/2100045/2020).
- Ein Leasinggut (Gebäude) ist dem Leasinggeber zuzurechnen, wenn am Ende der Laufzeit zwar ein Andienungsrecht des Leasinggebers besteht, aber keine Kaufoption Leasingnehmer:innen. Umsatzsteuerlich liegt daher eine sonstige Leistung (Vermietung) vor (BFG 23.12.2024, RV/7100390/2016; Amtsrevision anhängig).
- Muss ein:e Kund:in aufgrund eines Abo-Modells für einen Onlinezugang Zahlungen leisten, so handelt es sich zur Gänze um umsatzsteuerpflichtiges Entgelt, auch wenn der Leistende den Onlinezugang seines:r Kund:in temporär wegen Zahlungsverzugs gesperrt hat (BFG 7.1.2025, RV/7100647/2018; Revision anhängig).
- Ist bei einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung keine Rechnungsberichtigung möglich und die USt vom Leistenden abgeführt worden, so kann der:die Leistungsempfänger:in zwar keinen VSt-Abzug geltend machen, den Betrag jedoch auf Basis der EuGH-Judikatur als sog. „Direktanspruch“ („Reemtsma“-Anspruch) vom Finanzamt fordern. Nach Ansicht des BFG (19.12.2024, RV/7103024/2018) steht dieser Anspruch im Veranlagungsverfahren und bereits für den Zeitpunkt zu, in dem der ursprüngliche VSt-Abzug (zu Unrecht) geltend gemacht wurde. Der Direktanspruch wirkt damit im Ergebnis wie ein VSt-Abzug. Der VwGH hat bisher offengelassen, ob der Direktanspruch im Veranlagungs- oder im Nachsichtverfahren zusteht und für welchen Zeitpunkt.
Autor:
Roman Haller |
Ansprechpersonen:
Daniela Policzer |
Reinhard Rindler |