Hauptwohnsitzbefreiung - VwGH bestätigt Begrenzung auf 1.000 m²

Überblick

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 24.4.2024, Ro 2022/15/0020) entschied in einer ordentlichen Revision über die Frage, ob die von der Finanzverwaltung angewendete Grenze von 1.000 m² Grundstücksfläche bei der Hauptwohnsitzbefreiung von der Immobilienertragsteuer tatsächlich anzuwenden ist.
Grundsätzlich umfasst die Hauptwohnsitzbefreiung Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen samt Grund und Boden. Obwohl der Gesetzeswortlaut weder in der Befreiungsbestimmung noch in der Definition von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen eine Beschränkung des mitumfassten Grund und Bodens vorsieht, hat die Finanzverwaltung dennoch eine Höchstgrenze von 1.000 m² festgelegt und seit Jahren angewendet (EStR 2000 Rz 6634). Grundstücksflächen bis 1.000 m² werden somit grundsätzlich als von der Besteuerung befreit angesehen. Der darüberhinausgehende Anteil ist steuerpflichtig. Die 1.000 m² beziehen sich dabei auf die gesamte Grundstücksfläche und nicht nur auf den unbebauten Teil des Grundstücks (etwa nur der Gartenanteil). Erreicht oder übersteigt die bebaute Fläche die 1.000 m², umfasst die Hauptwohnsitzbefreiung ausschließlich die bebaute Fläche - diese allerdings zur Gänze, unabhängig davon, wie groß sie ist.

Sachverhalt

Der Revisionswerber verkaufte ein Grundstück mit einer Gesamtfläche von 3.637 m², auf dem sich ein als Hauptwohnsitz genutztes Gebäude befand. Der Kaufpreisanteil für dieses Grundstück wurde im Rahmen der Selbstberechnung und Abfuhr der Immo-ESt steuerfrei belassen, da dieser unter die Hauptwohnsitzbefreiung fallen sollte.
Nach einer Außenprüfung hob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid auf und berücksichtigte nur 1.000 m² des Grundstücks im Rahmen der Steuerbefreiung. Die Beschwerde des Revisionswerbers wurde sowohl vom Finanzamt als auch vom Bundesfinanzgericht (BFG) abgewiesen, die die Begrenzung auf 1.000 m² als praktikabel und ausreichend erachteten. Die Revision wurde vom BFG zugelassen, da keine Rechtsprechung des VwGH zur Frage vorlag, ob die üblicherweise erforderliche Größe eines Bauplatzes im Rahmen einer typisierenden Betrachtung zu treffen sei oder die Verhältnisse vor Ort zu berücksichtigen sind.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH befand die Revision für zulässig, jedoch nicht für begründet. Laut den Erläuterungen zur Stammfassung des § 30 EStG 1988 gilt die Befreiung für den Grundanteil, der üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist. Diese Bestimmung wurde auch schon durch ein älteres Erkenntnis des VwGH bestätigt, das eine größenmäßige Beschränkung der Hauptwohnsitzbefreiung implizierte.
Der VwGH erachtet eine Begrenzung auf 1.000 m² Grundstücksfläche als angemessen, da ein Bauplatz in diesem Ausmaß typischerweise als ausreichend anzusehen ist, insbesondere in Hinblick darauf, dass Grund und Boden begrenzt sind und Bauplätze mit zunehmender Bebauung tendenziell immer kleiner werden.

Entscheidend ist daher nicht die Lage und die Bebauung des konkreten Grundstücks. Vielmehr sei eine typisierende Betrachtung geboten, die sich an Durchschnittswerten orientiert, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen und somit auch dem Leistungsfähigkeitsprinzip zu entsprechen.
Der VwGH erkannte somit keine Verletzung der Rechte des Revisionswerbers durch die Begrenzung auf 1.000 m² und wies die Revision als unbegründet ab.

Fazit

Mit dieser Entscheidung präzisiert der VwGH seine Rechtsprechung zur Hauptwohnsitzbefreiung und bestätigt die konkrete Begrenzung auf 1.000 m², da nur der „üblicherweise“ erforderliche Bauplatz steuerfrei sein soll. Die Festsetzung dieser Grenze auf 1.000 m² ist eine praktikable Lösung, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten und stellt wohl eine Art „Luxustangente“ für Grundstücke dar.
Die typisierende Betrachtungsweise kann allerdings auch zu Widersprüchen führen: Ein größeres Grundstück im ländlichen Raum wäre demnach steuerlich benachteiligt im Vergleich zu einem kleineren, aber wertvolleren Grundstück in städtischer Lage. Dies steht klar im Spannungsverhältnis zum steuerlichen Leistungsfähigkeitsprinzip. Insgesamt sorgt die Entscheidung des VwGH allerdings für mehr Klarheit in Bezug auf die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung, auch wenn weiterhin keine gesetzliche Grundlage für die spezifische Begrenzung besteht.
Zu beachten ist noch, dass die 1.000 m² Begrenzung auch für Grundstücke im Miteigentum und Wohnungseigentum gilt. Bei Miteigentum wird der steuerbefreite Anteil entsprechend dem prozentuellen Miteigentumsanteil an 1.000 m² bemessen, allerdings nur für jene Miteigentümer:innen, die die Hauptwohnsitzbefreiung erfüllen. Wohnungseigentumsobjekte gelten demgegenüber als eigenständige Grundstücke. Bei diesen sind daher bis zu 1.000 m² Grund und Boden pro Wohnungseigentumsobjekt von der Hauptwohnsitzbefreiung erfasst, ohne dass eine Aufteilung der 1.000 m² Begrenzung auf die einzelnen Objekte eines Gebäudes erfolgt.

Gerne unterstützen wir Sie bei etwaigen Fragen zur Geltendmachung der Hauptwohnsitzbefreiung bei Immobilienverkäufen.
 


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