Umsatzsteuerliche Highlights des AbgÄG 2022

Am 16.5.2022 wurde der Begutachtungsentwurf für das Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) veröffentlicht, das zahlreiche abgaben- und zollrechtliche Änderungen bringen soll. Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die wichtigsten geplanten Änderungen im Umsatzsteuerrecht.

 

Steuerbefreiung für grenzüberscheitende Personenbeförderung mit Eisenbahnen

Nach der aktuellen Rechtslage ist nur die grenzüberschreitende Personenbeförderung mit Flugzeug oder Schiff (ausgenommen auf dem Bodensee) von der Umsatzsteuer befreit. Auf die grenzüberschreitende Personenbeförderung mit Eisenbahnen fällt demgegenüber für den österreichischen Streckenabschnitt 10% Umsatzsteuer an.

Aus ökologischen Gründen und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit internationaler Bahnverbindungen soll ab 1.1.2023 auch die grenzüberschreitende Personenbeförderung mit Eisenbahnen für den österreichischen Streckenteil steuerbefreit sein. Der Vorsteuerabzug für mit diesen Umsätzen zusammenhängende Vorleistungen bleibt erhalten. Die umsatzsteuerliche Behandlung von Streckenteilen im Ausland ist nach den jeweiligen nationalen Vorschriften zu beurteilen.

 

Geänderte Anforderungen an den Vorsteuerabzug und die Rechnungsausstellung bei Leistungserbringung durch Ist-Besteuerer

Der EuGH hat unlängst klargestellt, dass der Vorsteuerabzug im Fall eines Leistungsbezugs von einem Unternehmer, der seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten besteuert (sog. Ist-Besteuerer, z.B. Freiberufler:innen oder Versorgungsunternehmen), erst im Zeitpunkt der Zahlung (Leistung des Entgelts) geltend zu machen ist (EuGH 10.2.2022, C-9/20, Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136). Mit dem AbgÄG 2022 werden die entsprechenden Bestimmungen im österreichischen Umsatzsteuerrecht im Sinne der Feststellungen des EuGH mit Wirksamkeit ab 1.1.2023 angepasst. Damit die Leistungsempfänger:innen wissen, zu welchem Zeitpunkt sie die Vorsteuer abziehen dürfen, müssen Unternehmer:innen, die ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten besteuern, ab 1.1.2023 entsprechende Angaben in ihre Rechnungen aufnehmen (Angabe „Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten“).

 

Kein Übergang der Steuerschuld und keine Haftung von inländischen Leistungsempfänger:innen bei Vermietung von Grundstücken durch ausländische Unternehmer:innen 

Ebenfalls als Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH (EuGH 3.6.2021, C-931/19, Titanium) werden die Bestimmungen zum Reverse-Charge-Verfahren angepasst. Dementsprechend kommt es bei Vermietungen von inländischen Grundstücken durch Unternehmer:innen, die weder ihr Unternehmen im Inland betreiben noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte haben („ausländische Vermieter“), zu keinem Übergang der Steuerschuld auf inländische Unternehmer:innen bzw. juristische Personen des öffentlichen Rechts (Reverse Charge; § 19 Abs 1 Satz 2 UStG). Stattdessen bleiben die leistenden Unternehmer:innen Schuldner:innen der Umsatzsteuer und haben diese im Veranlagungsverfahren zu erklären. Damit wird die Verwaltungspraxis vor Erlass der Entscheidung in der Rs. Titanium in positives Recht gegossen, sodass die bis zur EuGH-Entscheidung bestandene (etablierte) Handhabe derartiger Umsätze fortgeführt werden kann. Darüber hinaus wurden Vorschriften zur Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung der Umsatzsteuer durch den:die Empfänger:in (§ 27 Abs 4 UStG) angepasst, sodass im Zusammenhang mit der Vermietung von Grundstücken keine Haftung der leistungsempfangenden Unternehmer:innen (bzw. der juristischen Personen des öffentlichen Rechts) besteht. Ein dezidiertes Inkrafttretensdatum ist im Entwurf (bisher) nicht enthalten. Es bleibt abzuwarten, ob ein solches im Sinne einer praktikablen Handhabung noch im Gesetzgebungsverfahren ergänzt wird.

 

Sonderregelungen für Dreiecksgeschäfte zukünftig auch bei Reihengeschäften mit mehr als drei beteiligten Personen anwendbar 

Nach österreichischer Auffassung war die Sonderregelung für Dreiecksgeschäfte nur innerhalb von Reihengeschäften mit drei Personen, die UID-Nummern aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten verwenden, anwendbar. Um Qualifikationskonflikte mit anderen Mitgliedstaaten zu vermeiden, werden die österreichischen Vorschriften entsprechend den Verhandlungsergebnissen des Mehrwertsteuerausschusses bzw. den Empfehlungen der Europäischen Kommission angepasst. Die Sonderregelungen können damit zukünftig auch auf Reihengeschäfte mit mehr als drei Personen (mit UID-Nummern aus zumindest drei Mitgliedstaaten) zur Anwendung gelangen. Dabei kommt die Vereinfachung auch zukünftig jenem:r Unternehmer:in innerhalb der Reihe zu, der den innergemeinschaftlichen Erwerb tätigt (dem:der sog Erwerber:in).

 

Verlängerung des 0%-igen Steuersatzes für Schutzmasken 

Aufgrund der anhaltenden Covid-19-Pandemie wird der Steuersatz von 0% auf Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Schutzmasken bis (vorerst) 30.6.2023 verlängert.

 

Zusammenfassung 

Im Bereich der Umsatzsteuer soll es mit dem AbgÄG 2022 zu folgenden Änderungen kommen:

  • kein Übergang der Steuerschuld und keine Haftung von Leistungsempfänger:innen (Unternehmer:innen oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts) bei der Vermietung von Grundstücken (insbesondere Geschäftsräumlichkeiten) durch ausländische Vermieter:innen;
  • erweiterter Anwendungsbereich der Sonderregelung für Dreiecksgeschäfte (zukünftig auch auf Reihengeschäfte mit mehr als drei Personen);
  • Verlängerung des 0%-igen Steuersatzes für Schutzmasken bis 30.6.2023;
  • (echte) Umsatzsteuerbefreiung für grenzüberscheitende Personenbeförderung mit Eisenbahnen (ab 1.1.2023);
  • Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Leistung des Entgelts bei Leistungsbezug von einem Ist-Besteuerer (ab 1.1.2023);
  • Angabe „Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ als zusätzliches Rechnungsmerkmal bei Ist-Besteuerern (ab 1.1.2023).

Das AbgÄG 2022 liegt bislang lediglich als Begutachtungsentwurf vor. Die endgültige Gesetzesfassung bleibt abzuwarten.

 


Autorin: 

Stefanie Geringer 
stefanie.geringer@bdo.at
+43 5 70 375 - 1588

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