Wie IPCEI funktioniert und das EU-Förderangebot komplettiert

Es gibt wohl kaum jemanden, der in letzter Zeit nicht über folgendes ominöses Wort gestolpert ist: IPCEI. Aber wie viele von Ihnen wissen tatsächlich, was sich hinter diesem Akronym versteckt? Es sind Important Projects of Common European Interest. Und wer dabei an ein weiteres Förderprogramm der EU denkt, der hat recht. Naja, zumindest fast.

 

Das EU-Programm, das keines ist

IPCEI sind Projekte, die von der EU-Kommission ins Leben gerufen wurden. Sie fallen allerdings unter kein herkömmliches europäisches Förderprogramm, sondern liegen bei Planung, Finanzierung und Umsetzung in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Aber beginnen wir am Anfang: IPCEI sind Projekte, die sich dem Vorantreiben eines gewissen Themas widmen. Zum Beispiel dem Ergrünen von Batterien oder der Ausweitung CO2-armer Industrien. Für diese übergeordneten Ziele können sich Unternehmen melden, die Projekte in der Pipeline haben, welche sie bisher finanziell noch nicht umsetzen konnten. Diese Finanzierungslücke wird dann je nach Mitgliedstaat in bestimmter Art (Grant, Darlehen, etc.) und in bestimmtem Umfang (Höhe der bezogenen Gelder) gedeckt. Aber halt – ist Unterstützung von Unternehmen durch den Staat nicht beihilferechtlich verboten?

An und für sich ja, IPCEI hebelt diese beihilferechtliche Restriktion jedoch EU-weit aus. Um große Themen wie den Klimawandel systemisch und flächendeckend zu bekämpfen, braucht es eine kooperative und nachhaltige Veränderung in mehreren Sektoren. Für jedes IPCEI wird daher ein Chapeau erstellt – wörtlich also ein Hut – indem sich, neben einem Hauptziel, viele kleinere Ziele und Maßnahmen befinden. Interessierte Unternehmen müssen mit ihren Projekten zur Zielerreichung beitragen, um an staatliche Finanzierung zu kommen. Und damit dadurch der Wettbewerb nicht verzerrt wird und beihilferechtlich alles möglichst konform abläuft, muss jedes Projekt Spill-over Effekte anhand der gesamten Wertschöpfungskette vorweisen können.

 

Mehrwert, Mehrwert und noch mal Mehrwert

Darin liegt auch das typisch europäische: Der Nutzen, der nicht bloß für ein Unternehmen, sondern für alle generiert werden muss. IPCEI sind riesige Unterfangen, die die Koordination mehrerer Unternehmen im jeweiligen Mitgliedsstaat und die Koordination all derer Projekte auf paneuropäischer Ebene notwendig machen. So groß wie der Aufwand ist, ist dementsprechend auch die Erwartung an die vorher genannten Spill-over Effekte. Wer bereits Erfahrung mit der EU hat, weiß, dass sie kein Fan vom schönen Schein ist, sondern echte Ergebnisse sehen möchte: Für Unternehmen bedeutet das ein vollkommenes Umdenken des Projekts, das sie intern geplant hatten und nun in einem IPCEI umsetzen möchten. Man muss sich auf Partnersuche begeben, die Projektziele nachschärfen und nachweisen können, dass man echten, nachhaltigen Mehrwert kreieren wird.

Und auch, wenn die Nutzengenerierung zum Erkennungsmerkmal der EU gehört, unterscheidet sich IPCEI abseits davon stark von herkömmlichen EU-Förderprogrammen. Der größte Unterschied liegt in der Finanzierung durch die Mitgliedstaaten, anstatt durch die EU-Kommission. Finanziert werden hierbei auch keine Projektkosten, sondern nachgewiesene Finanzierungslücken. Das Partnernetzwerk ist um ein Vielfaches größer als in EU-geförderten Einzelprojekten. Bei Letzterem liegt die Mindestanzahl der Partner bei 3, IPCEI-Projekte müssen dagegen die gesamte Wertschöpfungskette abdecken und das auch noch europaweit. Einreichen müssen Unternehmen auch nicht bei der Kommission, sondern im jeweiligen Mitgliedstaat, die Timeline des Bewerbungsprozesses wird einzelstaatlich vorgegeben. Dies führt leider manchmal zu unterschiedlichen Fortschritten: Unternehmen des einen Landes suchen bereits Partnerinnen und Partner, während Unternehmen des anderen Landes gerade mal dabei sind bei ihrer nationalen Behörde eine Interessensbekundung einzureichen.

 

Die Moral der Geschichte

Wie immer bei großen europäischen Unterfangen kommt es also auch hier zu manchen Schwierigkeiten, die Durchführung von IPCEI ist bestimmt noch lange nicht perfekt. Aber – auch das ist wie immer – es lohnt sich. IPCEI sind eine gute und notwendige Ergänzung zu den normalen EU-Förderprogrammen. Bei Themen wie Klimaschutz, dem die EU sich verschrieben hat, schaffen Projekte in Einzelkonsortien einzigartigen, spezialisierten Fortschritt. Komplementiert muss das mit großen, allumfassenden Monsterprojekten werden, die den Fortschritt in einem ganzen Industriesektor lostreten können.

Zurzeit sind IPCEI Mikroelektronik 2 und IPCEI Hydrogen in Planung. Im Gespräch ist auch ein IPCEI Life Science, der Interessensbekundungsprozess für Unternehmen hat hier gerade begonnen. Aufgrund des aufwendigen Prozesses sind es meistens Großunternehmen, die sich an IPCEI herantrauen. Tatsächlich will die EU aber immer mehr KMU animieren, ihren Beitrag zu den paneuropäischen Zielen zu leisten. Mein Team und ich beschäftigen uns schon seit Jahren mit diesem Thema und sind in alle laufenden IPCEI involviert. Wir sind überzeugt davon, dass es diese kontinentumspannende Großinitiative braucht, um einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen, den es so in den USA oder Asien nicht gibt.

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